Der deutsche Chor findet starke Resonanz.
Pastorenehepaar betreut Touristen und Residenten auf Lanzarote

Das Thermometer zeigt 15 Grad, und es weht ein leichter Wind. Normales Winterwetter auf der kanarischen Insel Lanzarote und ideal für einen Gottesdienst am Samstag Nachmittag in der kleinen katholischen Kirche am Hafen von Puerto del Carmen! Pastorin Thurid Poerksen ist dann auch mit der Anzahl der deutschsprachigen evangelischen Besucher zufrieden. In den heißen Monaten erhebt sich dagegen kaum einer aus seinem Liegestuhl, um in die Kirche zu kommen. Da ruhen dann die meisten Gemeindeaktivitäten.  
 
Im spanischen Winter dagegen kommt ein Stamm von 25-30 Deutschen in die Kirche von Puerto del Carmen. Weitere Gottesdienste werden sonntags am Mittag in der katholischen Kirche in Playa Blanca und nachmittags im Nachbarschaftshaus Avecost im Costa Teguise gehalten. Den Vertrag mit der EKD schloss Pastor Arend Bertzbach. Aus steuerlichen Gründen, wie er sagt. Denn seine Frau Thurid hat noch nicht das Ruhestandsalter erreicht. Für die Betreuung der Urlauber und der hier lebenden Deutschen ist auf Lanzarote keine ständige Stelle eingerichtet. Vielmehr kümmern sich pensionierte Geistliche um die seelsorgerlichen Belange. Das ist für die EKD bezahlbar. Für Lanzarote erhalten sie neben der Pension für Ruheständler noch eine Aufwandsentschädigung von 500 Euro sowie Wohnung und Auto gestellt.
Arend Bertzbach hatte sich in seiner Heimatgemeinde Bremen stark auf sozialem Gebiet engagiert. Dort betrieb die Evangelische Kirche einen „Marktplatz“ mit Kulturzentrum. Dann musste er aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten. Nach der Wende übernahm das Ehepaar eine neue Aufgabe in Saßnitz auf Rügen. Als sich Thurid Poerksen dann mit 60 Jahren pensionieren ließ, suchten die Pastoren Ehepaar nach einer neuen Herausforderung – auf liebsten auf einer Insel im Süden. 2006 zogen sie nach Lanzarote um.
Die Aufgaben teilten sie von Anfang an. Bertzbach engagierte sich für musikalisches Gotteslob, begleitet die Lieder im Gottesdienst und gründete einen Chor. Der wird sehr gut angenommen – auch von Jüngeren und solchen Deutschsprachigen, die wenig in die Kirche gehen. Seine Frau ist eine leidenschaftliche Predigerin.
 
Auf der Vulkaninsel im Atlantik fühlen sie sich sehr wohl. Mit vielen Deutschen, die hier ständig oder auch nur zeitweise wohnen, haben sie ein freundschaftliches Verhältnis. Sie umarmen sich, wenn sie sich treffen. Das „Du“ ist selbstverständlich. So sind sie auch über die privaten Belange informiert, und manchmal wird dann zum Beginn des Gottesdienste bekannt gegeben, wer und aus welchen Gründen heute nicht dabei sein kann. Der Kranken wird besonders gedacht. Beim Abendmahl macht ein Glas Wein die Runde, und die Oblaten werden hineingetaucht.
 
An ihrem Fahrzeug steht „Tourismuspfarramt“. Die Seelsorger gehen aber nicht an die Strände, um dort zu „missionieren“ oder Freiluftgottesdienst zu halten. „Reiseleiter und große Hotels sind von unserem Angebot unterrichtet“, sagt Poerksen, „und wer kirchlich eingestellt ist, findet auch im Urlaub zu uns.“ Dazu gehören auch die wöchentlichen Bibelstunden im Pfarrhaus. Hier wird der Predigttext des Sonntags bearbeitet und gründlich darüber diskutiert.
Einmal wöchentlich werden im sozialkulturellen Zentrum von Puerto del Carmen Veranstaltungen für Deutsche angeboten. Das fängt morgens mit Gymnastik an. Mittags treffen sich Aquarellmaler, anschließend ist Chorprobe, und nach der Kaffeepause gibt es ein wechselndes Programm mit Referaten. Abends wird dann noch ein Film gezeigt. Da das Zentrum gemietet werden muss, zahlt jeder Teilnahmer seinen Obolus. Gut angenommen werden auch die geführten Wanderung mit Picknick. Denn die Insel hat mit ihren Naturparks viele Sehenswürdigkeiten zu bieten.
 
Nach Schätzungen leben 7000 bis 8000 Deutsche ständig auf Lanzarote. Einige von ihnen lernen die Pastoren erst bei Beerdigungen ihrer Angehörigen oder Freunde kennen. Zu den Senioren gesellen sich die jüngeren deutschsprachigen Dienstleister, die im Hotelgewerbe arbeiten oder sich selbständig machten. Unter den jährlich 437.000 Lanzarote-Touristen nehmen die Deutschen den zweiten Platz ein. Sorgen bereitet den Geistlichen die zunehmende Vereinsamung der älteren Menschen. Sie leben seit vielen Jahren auf der Insel und haben ihre Kontakte nach Deutschland abgebrochen. Stirbt nun der Ehepartner und benötigen sie Hilfe, können sie diese auf Lanzarote mangels Sprachkenntnissen oft nicht in Anspruch nehmen. Ein Seniorenheim für Deutsche gibt es nicht. Bertzbach und Poerksen plädieren daher für den Bau eines Mehrgenerationenhauses auf der Insel. Und fordern die Residenten auf, es ihnen gleich zu tun und unbedingt Spanischkurse zu belegen.
 
Eigentlich endet die Amtszeit der beiden Geistlichen in diesem Jahr. Auf Antrag der Gemeindeglieder haben sie jedoch noch eine einjährige Verlängerung bewilligt bekommen, damit Begonnenes nicht wieder zum Erliegen kommt. Denn für die Pastoren ist das soziale Engagement besonders wichtig. Mit einem Kreis von Gleichgesinnten setzen sie sich für die Hilfe der Flüchtlinge ein, die vor allem aus dem nahen Mauretanien kommen, in dem Hunger herrscht. Die Gruppe um die deutschen Seelsorger sucht nicht nur das Gespräch mit ihnen, sondern sammelt auch Nahrungsmittel. Vor jedem Gottesdienst werden Reis, Nudeln und andere haltbare Waren vor dem Altar gesammelt und später von der Hauptstadt Arrecife aus nach Afrika verschifft. Die Gruppe möchte auch eine Änderung des EU-Asylrechts erreichen, damit die angelandeten Afrikaner eine Zukunft haben und ihre Angehörigen in der Heimat unterstützen können. Manche Aktionen veranstalten die deutschen Evangelischen gemeinsam mit anderen Gemeinden, zum Beispiel besondere Gottesdienste mit den Anglikanern und den großen Weihnachtsmarkt auch mit Spaniern.  
Ilsemarie Straub-Klein

Eigene Homepage kostenlos erstellt mit Web-Gear

Verantwortlich für den Inhalt dieser Seite ist ausschließlich der Autor dieser Webseite. Verstoß anzeigen