In Bilbao findet man die deutsche Gemeinde nicht

Jeden zweiten Sonntag evangelischer Gottesdienst in der Krypta in Algorta

Deutsche Firmen senden ihre Mitarbeiter für immer kürzere Zeit nach Bilbao. So haben sie kaum Zeit, sich im Baskenland einzuleben und sich einer Kirchengemeinde anzuschließen. Eine deutschsprachige evangelische Gemeinde suchen sie hier auch vergeblich. Dabei gibt es eine deutschsprachige Gemeinde in Bilbao schon seit rund sechzig Jahren.Das Gemeindeleben spielt sich jetzt aber im Städtchen Algorta ab, 17 Metrostationen vom Bilbaoer Bahnhof Abando entfernt. Hier wohnen die meisten Gemeindeglieder – und deshalb wurden die Aktivitäten auch von Bilbao hierher verlagert. In Algorta wohnt man – in der Nähe der berühmten Biskayabrücke mit der Schwebefähre – angenehmer als in der Großstadt.  Zum Bahnhof kann man sogar bequem sanft bergauf mittels Rollband gelangen.

Jeden zweiten Sonntag im Monat versammeln sich die Deutschsprachigen in der Krypta der katholischen Kirche El Redentor um elf Uhr zum Gottesdienst. Einen Hinweiszettel auf diese Veranstaltung findet man nirgends: weder an der Krypta, noch in Hotels, Verkehrsämtern oder Zeitungen. Bilbao-Touristen können sich nur im Internet auf der Seite der EKD unter „Auslandsgemeinden“ darüber informieren.

So sind Gäste angemeldet, und Pastor Arno Lembke begrüßt sie namentlich. Die Ärztin Heike Gepp begleitet die Lieder am Keyboard. Eine Sechsjährige ist mit ihren Eltern zum ersten Mal dabei. Ob sie denn in der Kirche auch tanzen dürfe, hatte sie gefragt. Das wird ihr gern zur Abschlussmusik vor dem Altar erlaubt.

Nach dem Gottesdienst bleiben die meisten Besucher noch in einer Gaststätte zu einem Umtrunk zusammen. Arno Lembke fühlt sich in seiner Gemeinde wohl. Der Ruheständler aus Bamberg wollte eigentlich nur zehn Monate bleiben. Doch nun sind drei Jahre daraus geworden. Die Gemeinde Bilbao ist ein Teil der Evangelischen Gemeinde deutscher Sprache in Nordspanien, die sich selbst verwaltet und finanziert. Von der EKG gibt es einen geringen Pauschalzuschuss. Der Geistliche hält auch Gottesdienste in Santander, San Sebastian und Pamplona. Eigentlich gehört auch das 800 Kilometer entfernte Vigo zu seinem Bezirk, wo einmal im Jahr Gottesdienst gehalten werden sollte. Doch da Vigo näher am portugiesischen Porto liegt, wird eine Orientierung nach dorthin empfohlen.

Verbunden mit dem pfarramtlichen Dienst sind auch vier Wochenstunden Unterricht am der deutschen Schule in Bilbao. Das Unterrichtsfach nennt sich „Weltreligionen“.  Die wenigsten Schüler dieser Eliteschule haben allerdings deutsche Eltern. Man muss sich das hohe Schulgeld schon leisten können.      

In Bilbao sind 49 Erwachsene und 15 Kinder eingeschrieben. Einige Ehepaare leben schon mehr als vierzig Jahre hier. Sie sind die Konstante der Gemeinde. Einst wurden sie für kurze Zeit von ihren Firmen hierher geschickt – und sind auch nach ihrer Pensionierung hier geblieben. Heute werden Deutsche nur mit befristeten Verträgen nach Bilbao und Pamplona geschickt. Ein  Großteil komme aus den neuen Bundesländern und habe traditionsgemäß „mit Kirche nicht viel am Hut“, sagt Lembke.

Alle Vorsitzenden und Ansprechpartner der Gemeinden  sind  deutsche Frauen, die mit Spaniern verheiratet sind. Selten kommen auch die Familienangehörigen mit zum Gottesdienst. Bei Heike Gepp ist das eine Ausnahme. Ihr Mann und die beiden Kinder gehören mit zur Gemeinde; David Zabala-Gepp ist dieses Jahr der einzige Konfirmand. Die Frauen der Gemeinde unterhalten Frauentreffs, Kindergruppen und laden zu Freizeiten ein. Bei den zweimal monatlich in der Pfarrwohnung stattfindenden offenen Abenden sind alle willkommen. Die Gemeindeglieder haben für mindestens einmal im Monat eine baskische Besonderheit übernommen: den Txoko. Jede der Teilnehmenden bringt etwas für das gemeinsame Essen mit, und die Speisen werden dann auch gemeinsam zubereitet.       

Angst im Baskenland zu leben, haben die Deutschen nicht. Es sei trotz der Unabhängigkeitsbestrebungen der ETA  nicht gefährlicher als anderswo, meinen sie. Die regelmäßigen Demonstrationen verlaufen in der Regel auch friedlich. Kurios: obwohl Baskisch verpflichtendes Unterrichtsfach in der Schule ist und fast alle Schilder zweisprachig abgefasst sind, können nur 30 Prozent der Bewohner Bilbaos Baskisch verstehen. Selbst bei Kundgebungen  sprechen die Befürworter eines freien Baskenlandes sowieso nur Spanisch untereinander.

Ilsemarie Straub-Klein

Info: Evangelische Gemeinde deutscher Sprache in Nordspanien, Calle Benturillena 10, 48993 Algorta, Telefon 0034-944913255  Email: evgembilbao@gmail.com

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